alte Liebesgedichte
Liebe wird seit Jahrtausenden in kunstvoller Form zu Papier gebracht. Schon im alten Testament gab es erste Beispiele hierfür. Später im Mittelalter waren es die Minnesänger, die ihre Liebesgeständnisse sangen. Im Laufe der Zeit zeigte die Liebeslyrik viele Gesichter - ob in Form von Liebesbriefen, Liebesliedern oder Liebesgedichten. Alte Liebesgedichte lesen sich heute häufig etwas "angestaubt". Dabei sind die Werke von damals keineswegs weniger romantisch. Im Gegenteil. Mit Feder und Tinte zu Papier gebracht, können sie noch immer einen wahren Zauber der Poesie versprühen und sind bestens dafür geeignet, seinem Schatz eine ganz besondere Liebeserklärung zu machen. Die Vergangenheit brachte viele große Poeten hervor, die ihre Gefühle in Liebesgedichten verarbeiteten. Einige ihrer Werke haben wir im Folgenden für Sie zusammengetragen.
Du bist die Sonne, die nicht untergeht
Autor: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Du bist die Sonne, die nicht untergeht,
Du bist der Mond, der stets am Himmel steht;
Du bist der Stern, der, wann die andern dunkeln,
Noch überstrahlt den Tag mit seinem Funkeln.
Du bist das sonnenlose Morgenrot;
Ein heit’rer Tag, den keine Nacht bedroht;
Der Freud’ und Hoffnung Widerschein auf Erden -
Das bist du mir, was kannst du mehr noch werden!
Nähe des Geliebten
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Ich denke dein, wenn mir der Sonne Schimmer
Vom Meere strahlt;
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
In Quellen malt.
Ich sehe dich, wenn auf dem fernen Wege
Der Staub sich hebt;
In tiefer Nacht, wenn auf dem schmalen Wege
Der Wandrer bebt.
Ich höre dich, wenn dort mit dumpfem Rauschen
Die Welle steigt.
Im stillen Haine geh' ich oft zu lauschen,
Wenn alles schweigt.
Ich bin bei dir, du seist auch noch so ferne,
Du bist mir nah!
Die Sonne sinkt, bald leuchten die Sterne.
O wärst du da!
In deiner Seele klarem Leben...
Autor: Adele Schopenhauer
In deiner Seele klarem Leben
Da ruht mein wahres Glück allein,
Die Ferne kann mir Freude geben,
Mit Dir nur kann ich selig sein.
In Deines Geistes raschen Flügen
Trägt leicht das schwere Leben sich -
Das Andre kann mir wohl genügen -
Du nur allein befriedigst mich!
Aus Deiner Liebe tiefen Quellen
Strömt eine Kraft, die mich erhebt,
Auf deren lichtumsäumten Wellen
Mein Lebensschiff vorüberschwebt!
An die Geliebte.
Autor: Gustav Schwab
Sie fassen nicht den ew’gen Schimmer,
Der dir aus deinen Augen geht,
So wie des Mondes heil’gen Flimmer
Kein irdisches Gemüth versteht.
Hell muß es, wie die Sonne, blenden,
Was dieser Welt gefällt und lacht,
Muß alles mit dem Tage enden,
Denn für den Schlaf ist ihre Nacht.
Mir wird dein Leben erst entfaltet,
Wann alles rings in Schatten fällt;
Ich weiß, so lang die Sonne waltet,
Von dir kein Gleichniß auf der Welt.
Du gehst in unbemerkter Fülle
Einsam vorüber und verwirrt,
Ein Stern, der sich aus Nacht und Stille
In dieses fremde Licht verirrt.
O dann erst, wann der Abend dichter
Sich um die stille Erde schließt,
Und wann der Schein verwandter Lichter
Auf dich vom blauen Himmel fließt;
Dann erst, du namenloses Wesen,
Du Stern des Himmels, fass’ ich dich,
Und mein’ in deinem Blick zu lesen,
Beim Strahl des Monds, du liebest mich.
Das Wort der Liebe.
Autor: Gustav Schwab
O aller Berge Quellen,
Tönt mit berauschten Wellen
Vernehmlich durch die Luft,
O aller Thäler Bäume,
Säuselt mir leise Träume,
Und sendet süßen Duft!
Es sollen alle Sinne
Der Freude werden inne,
Die heut mein Herz begeht,
In allen Farben, Tönen
Lebe das Wort der Schönen,
Das mir im Geiste steht!
Der Liebe Wort, das zitternd,
Und inniglich erschütternd
Durch meine Seele dringt,
In ew’gen Wiederhallen
Hör’ ich es rings erschallen,
So daß es nie verklingt.
Und wenn die Quellen schweigen
Und wenn die Bäume neigen
Ihr Haupt in welker Zier;
Im Herzen ewig klingen,
Blühen und lieblich singen
Wird doch das Wort von Ihr.
Der Kuß
Autor: Carl Streckfuß
Nie kann die Liebe ganz ihr Wesen sagen,
Und tief im Herzen glimmt die reinste Gluth.
Sich zu enthüllen wär’ ihr höchstes Gut,
Doch kann sie nie in lichte Flammen schlagen.
Die Sprache kann das Heiligste nicht tragen,
Kann nicht entschleyern, was im Herzen ruht,
Doch treibt der Sehnsucht ungestümer Muth,
Selbst das Unmögliche mit Kraft zu wagen.
Vergebens - nach dem Mädchen hingewandt,
Fühlt sich der Liebende das Herz beklommen,
Und selbst der Sprache armen Trost entnommen;
Dann öffnet sich der Arme Wechselband,
Dann flieget Lipp’ und Lippe heiß zusammen,
Und beyde Seelen glühn in gleichen Flammen.
Liebesflämmchen
Autor: Conrad Ferdinand Meyer
Die Mutter mahnt mich Abends:
"Trag Sorg zur Ampel, Kind!
Jüngst träumte mir von Feuer -
Auch weht ein wilder Wind."
Das Flämmchen auf der Ampel,
Ich lösch’ es mit Bedacht,
Das Licht in meinem Herzen
Brennt durch die ganze Nacht.
Die Mutter ruft mich Morgens:
"Kind, hebe dich! ’s ist Tag!"
Sie pocht an meiner Thüre
Dreimal mit starkem Schlag
Und meint, sie habe grausam
Mich aus dem Schlaf geschreckt -
Das Licht in meinem Herzen
Hat längst mich aufgeweckt.
Scheidende Liebe.
Autor: Wilhelm Hertz
Und weil ich denn von dannen muß,
Und all’ mein Glück vergangen,
So laß dich mit bethräntem Kuß
Ach, einmal noch umfangen!
O blick’ mir nicht so sehniglich
Hervor aus deinen Thränen!
Es soll hinfort kein Auge sich
Nach dem Verlornen sehnen.
Und wie noch einmal Herz an Herz
Im süßen Wahn sich stillet,
So ruhe auch der herbe Schmerz,
Der dir vom Auge quillet.
O decke deiner Augen Licht
Mit deinen beiden Händen,
Und ich will auf dem Weg mich nicht,
Nicht einmal rückwärts wenden.
Und bin ich hinter’m Bergessaum,
Wo fahle Bäume winken,
So denk’, du wachest auf vom Traum, -
Und laß die Hände sinken!
Der beste Liebesbrief
Autor: Friedrich Hebbel
Hat sie’s dir denn angetan
Im Vorüberschweben,
So verfolge rasch die Bahn
Zu dem neuen Leben.
Hasche dir den Schmetterling
Auf dem Rosenhügel,
Nimm ihm mit dem blauen Ring
Seinen weißen Flügel;
Borge von der Biene dann
Dir den Honigrüssel,
Der zum Griffel dienen kann,
Wie zum Blumenschlüssel;
Laß das Blatt nun ohne Scheu
Durch die Lüfte schnellen:
Ist dir Amor hold und treu,
Wird’s der Wind bestellen.
Liebesprobe
Autor: Friedrich Hebbel
Laß den Jüngling, der dich liebt,
Eine Lilie pflücken,
Eh’ dein Heiz sich ihm ergibt,
Um ihn zu beglücken.
Wird kein Tropfe von dem Tau
Dann durch ihn vergossen,
Der sie tränkte auf der Au,
Sei der Bund geschlossen.
Wer so zart die Blume bricht,
Daß sie nicht entwallen,
Sorgt auch, daß die Tränen nicht
Deinem Aug’ entfallen.
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